"Die Arche ist mir zur zweiten Familie geworden."
Von August 2015 bis September 2016 lebte Christina* in der Arche in Boechout, einem Vorort von Antwerpen in Belgien. Im folgenden Text berichtet sie sowohl vom alltäglichen Leben als auch von besonderen Unternehmungen der Gemeinschaft und beschreibt, welche Rolle die Arche in ihrem heutigen Leben als Studentin der Biowissenschaften noch immer spielt.
*) Aus Gründen des Datenschutzes möchte Christina ihren Nachnamen nicht genannt haben.
Zu meiner Zeit lebten sieben Menschen mit geistiger Behinderung („gasten“ wie wir sie auf Niederländisch nennen) in der Arche Boechout, dazu noch eine Mitarbeiterin und wir zwei Freiwillige aus Deutschland. Zusätzlich unterstützten uns externe Assistenten.
Direkt vom ersten Tag an habe ich die Offenheit und Herzlichkeit, mit der jeder Gast empfangen wird, genossen. Und auch trotz anfänglicher Sprachschwierigkeiten – wobei ich noch Glück hatte, da Niederländisch und Deutsch relativ ähnlich sind – fiel es mir nicht schwer, mich gut einzuleben und schnell ein Teil der Arche-Familie zu werden.
Alltag, Urlaub, Feste...
Während meiner Zeit in Antwerpen habe ich unglaublich viel erlebt. Ich habe viele schöne Erinnerungen mit unseren „gasten“: einfache Spaziergänge, Café-Besuche oder das gemütliche Beisammensein im Wohnzimmer, aber auch größere Aktivitäten wie der Ausflug in einen Freizeitpark, der Besuch eines Festivals oder das Veranstalten einer Grillparty. Kurzum, es war immer etwas los. Zu den Höhepunkten meiner Arche-Zeit zählt sicherlich die 14-tägige Reise nach Cognac in das Haus einer anderen Arche-Gemeinschaft in Frankreich. Es war eine besondere Erfahrung, sowohl die „gasten“ als auch die anderen Assistenten meiner Gemeinschaft einmal in einem anderen Umfeld zu erleben.
Viel Verantwortung von Anfang an
Mit dem Jahr in der Arche verbinde ich im Grunde nur positive Erinnerungen, doch eigentlich war die Situation der Gemeinschaft zu Beginn meiner Zeit dort nicht gerade einfach. Viele Mitarbeiter waren langfristig ausgefallen, unser Team daher deutlich dezimiert. Aus diesem Grunde musste ich von Anfang an viel Verantwortung übernehmen und wurde somit schnell ein Teil des Teams und der Gemeinschaft.
Insgesamt kann man schon sagen, dass ich in dieser Zeit auch deutlich selbstbewusster geworden bin. Früher fiel es mir schwer, einfach mal Nein zu sagen, wenn etwas zu viel wurde. Diese Fähigkeit habe ich in der Arche gelernt. Ich denke, das kann sehr hilfreich sein für das spätere Berufsleben. Außerdem habe ich an mir entdeckt, dass es von unschätzbarem Wert sein kann, dass ich ruhig bleibe, auch wenn es mal brenzlig wird.
Treffen im Stammcafé und enger Kontakt bis heute
Mittlerweile bin ich schon seit fast drei Jahren wieder in Deutschland und studiere in Potsdam Biowissenschaften. Warum ich einen
Berufswunsch habe, der nichts mit der Arche zu tun hat? Ehrlich gesagt könnte ich mir beides gut vorstellen, aber ich hatte vor meinem Jahr in Boechout nie in Erwägung gezogen, etwas Soziales zu machen und war immer schon an den Naturwissenschaften interessiert. Deswegen habe ich mich letztendlich für dieses Studium entschieden.
In der Arche habe ich unglaublich tolle und nette Menschen kennengelernt und mit den anderen Freiwilligen habe ich bis heute engen Kontakt. Es ist mittlerweile fast ein Ritual geworden, sich in den Semesterferien gemeinsam in der Arche zu treffen, um die alten Zeiten – des Öfteren auch in unserem Stammcafé – aufleben zu lassen und in Erinnerungen zu schwelgen.
So hat es sich ergeben, dass im Laufe der Jahre der Kontakt zur Arche nie abriss. Ich hoffe, dass dies auch weiterhin so bleibt. Denn immer, wenn ich zu Besuch in Boechout bin, merke ich, wie sehr ich alle Menschen dort vermisst habe und wie sie mir zur zweiten Familie geworden sind. Auch wenn ich später in einem ganz anderen Berufsfeld tätig sein werde, steht für mich fest, dass ich mich neben meinem Job in diesem Bereich engagieren möchte. Ob es dann in einer Arche-Gemeinschaft sein wird oder anderswo, das wird sich zeigen.